Die Parteien sind Internetversandhändler.
Am 19.03.2020 versandte der Prozessbevollmächtigte des Verfügungsklägers eine E-Mail an den Verfügungsbeklagten mit der Betreffzeile „Unser Zeichen: A ./. B 67/20-EU“. Die E-Mail enthielt folgenden Text:
„Sehr geehrter Herr B,
bitte beachten Sie anliegende Dokumente, die wir Ihnen situationsbedingt zur Entlastung der angespannten Infrastruktur im Versandwesen nur auf elektronischem Wege zur Verfügung stellen“.
Unterhalb dieses Textes befanden sich die Kontaktdaten des Prozessbevollmächtigten des Verfügungsklägers. Als Dateianhänge waren der E-Mail zwei PDF-Dateien beigefügt. Eine PDF-Datei enthielt ein auf den 19.03.2020 datiertes anwaltliches Abmahnschreiben wegen der im vorliegenden Verfahren erhobenen lauterkeitsrechtlichen Vorwürfe. Die zweite PDF-Datei enthielt den Entwurf für eine strafbewehrte Unterlassungserklärung.
Am 01.04.2020 versandte der Prozessbevollmächtigte des Verfügungsklägers eine weitere E-Mail. Darin setzte er zur Erfüllung der geltend gemachten Ansprüche eine Nachfrist bis zum 03.04.20.
Das Landgericht erließ eine einstweilige Verfügung gegen den Verfügungsbeklagten mit einer für den Verfügungsbeklagten negativen Kostenentscheidung. Nach der Zustellung dieser einstweiligen Verfügung gab der Verfügungsbeklagte eine Abschlusserklärung ab, wobei er sich die Erhebung eines Kostenwiderspruches vorbehielt. Von diesem Vorbehalt hat er auch Gebrauch gemacht. Er erhob Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung. Dieser Widerspruch beschränkte sich auf die Kostenentscheidung.
Er hat behauptet, er habe von den beiden E-Mails des Prozessbevollmächtigten des Verfügungsklägers keine Kenntnis erlangt. Denn er könne nicht ausschließen, dass die beiden E-Mails im sogenannten „Spam-Ordner“ seines E-Mail-Postfaches eingegangen seien. Dies könne er allerdings nicht mehr überprüfen, weil E-Mails in diesem „Spam-Ordner“ bereits nach jeweils zehn Tagen wieder gelöscht werden.
Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung im Kostenpunkt bestätigt.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Verfügungsbeklagte mit der sofortigen Beschwerde.
Nach Ansicht des OLG ist die sofortige Beschwerde des Verfügungsbeklagten begründet.
„Der Verfügungsbeklagte hat dem Verfügungskläger durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Anbringung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegeben. Dem Verfügungsbeklagten kann in diesem Zusammenhang insbesondere nicht der Vorwurf gemacht werden, er habe auf die Abmahnung des Verfügungsklägers nicht reagiert. Denn das anwaltliche Abmahnschreiben vom 19.03.2020 ist dem Verfügungsbeklagten nicht zugegangen:
Wird ein Abmahnschreiben lediglich als Dateianhang zu einer E-Mail versandt, ist es nur und erst dann zugegangen, wenn der E-Mail-Empfänger den Dateianhang auch tatsächlich geöffnet hat (...).
Wegen des Virenrisikos warnt man allgemein davor , Anhänge von E-Mails unbekannter Absender zu öffnen. Daher kann man von dem Empfänger in einem solchen Fall nicht verlangen, den Dateianhang zu öffnen (...).
Deswegen kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob die in Rede stehenden E-Mails überhaupt im E-Mail-Postfach des Verfügungsbeklagten (dort möglicherweise im „Spam-Ordner“) eingegangen sind. Der Verfügungsbeklagte hat durch Vorlage seiner eidesstattlichen Versicherung vom 08.05.2020 jedenfalls glaubhaft gemacht, dass er von den beiden E-Mails des – ihm zuvor nicht bekannten – Prozessbevollmächtigten des Verfügungsklägers keine Kenntnis erlangt und dementsprechend auch den Dateianhang mit dem Abmahnschreiben nicht geöffnet hat."