Wie wird Schmerzensgeld berechnet?

Erforderlich ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls. Anstelle einer taggenauen Berechnung ist das Maß der entstandenen Lebensbeeinträchtigung zu berücksichtigen.

 

Was war geschehen?

Der Kläger wurde bei einem Verkehrsunfall erheblich verletzt. Über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren verbrachte er im Rahmen von 13 stationären Aufenthalten insgesamt 500 Tage im Krankenhaus. Infolge des Unfalls musste der rechte Unterschenkel amputiert werden. Der Kläger ist seither zu mindestens 60 % in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert. Die Beklagten (Fahrer, Halter und Haftpflichtversicherer des unfallverursachenden Pkw) sind für den Unfall voll verantwortlich.

Der Kläger verlangt von den Beklagten ein angemessenes Schmerzensgeld.

 

Wie haben die Vorinstanzen entschieden?

Das Landgericht hat dem Kläger ein Schmerzensgeld von 100.000 € zugesprochen. Gegen das Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt.

Im Berufungsverfahren hat das Oberlandesgericht die Beklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von insgesamt 200.000 € verurteilt.

Zur Berechnung des Schmerzensgeldes hat das OLG Tagessätze je nach Behandlungsphasen (Intensivstation – pro Tag 150,00 €, Normalstation – pro Tag 100,00 € , REHA – Tagessatz von 60,00 € - und ambulante Behandlungen, Dauerschaden) herangezogen. des Weiteren erfolgte ein Abschlag wegen erheblichen Vorerkrankungen, für Dauerschäden erfolgte ein Zuschlag.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Revision eingelegt.

 

Wie hat der Bundesgerichtshof geurteilt?

Die Revision war erfolgreich. Der BGH hat die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück verwiesen.

 

Weshalb?

Der BGH ist der Ansicht, dass eine taggenaue Berechnung dem Einzelfall nicht gerecht wird. Stattdessen gilt:

„Maßgebend für die Höhe des Schmerzensgeldes sind im Wesentlichen die Schwere der Verletzungen, das durch diese bedingte Leiden, dessen Dauer, das Ausmaß der Wahrnehmung der Beeinträchtigung durch den Verletzten und der Grad des Verschuldens des Schädigers. Dabei geht es nicht um eine isolierte Schau auf einzelne Umstände des Falles, sondern um eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls. Dabei ist in erster Linie die Höhe und das Maß der entstandenen Lebensbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Auf der Grundlage dieser Gesamtbetrachtung ist eine einheitliche Entschädigung für das sich insgesamt darbietende Schadensbild festzusetzen, die sich jedoch nicht streng rechnerisch ermitteln lässt.“

Bei der schematischen Berechnung bleibt unbeachtet, welche Verletzungen der Kläger erlitten hat, wie man die Verletzungen behandelt und welches individuelle Leid sie bei ihm ausgelöst haben. Gleiches gilt für die Einschränkungen in seiner zukünftigen individuellen Lebensführung. 

Das Berufungsgericht wird deshalb über die Höhe des Schmerzensgeldes nach den Vorgaben des BGH neu entscheiden müssen.

 

Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.02.2022 - VI ZR 937/20 -

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