Wer erbt das verschwiegene Schwarzgeld?

Bedenkt der Erblasser im Testament einzelne Personen lediglich mit Gegenständen seines legalen Vermögens, fällt das Schwarzgeld den gesetzlichen Erben zu.

 

Was war passiert?

Der Erblasser war verheiratet. Die Ehefrau ist vorverstorben. Der Erblasser hatte keine Kinder. Die Eltern des Erblassers sind gleichfalls vorverstorben. Die Beteiligte zu 1 ist die Schwester, der Beteiligte zu 2 ist der Bruder des Erblassers. Der Erblasser hatte keine weiteren Geschwister. Der Erblasser errichtete mit seiner Ehefrau im Jahre 1972 ein privatschriftliches Ehegattentestament, in dem sich die Ehegatten gegenseitig zu alleinigen Erben einsetzten. Weitere Verfügungen trafen sie nicht.

Auf Antrag des Beteiligten zu 2 erteilte das Nachlassgericht mit Zustimmung der Beteiligten zu 1 einen gemeinschaftlichen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge. Dieser weist Bruder und Schwester zu je ½ Anteil als Erben des Erblassers aus.

Am 25.10.2017 übergab die Beteiligte zu 1 dem Nachlassgericht ein privatschriftliches Testament des Erblassers vom 19.03.2007, welches sie im Nachlass des Erblassers vorgefunden habe. 

In diesem Testament traf der Erblasser zunächst folgende Verfügung:

Mein Anteil am Elternhaus [...] geht an meine Schwester [die Beteiligte zu 1] 

Ebenso verfügte er, dass zwei weitere Immobilien je zur Hälfte an die Beteiligte zu 1 und an Frau B "gehen" sollen.

Schließlich verfügte der Erblasser, dass seine "Anlagen bei der Bank 1 u. der Bank 2" gleichfalls je zur Hälfte an die Beteiligte zu 1 und an Frau B „gehen“ sollen.

Frau B ist ausweislich der Sterbeurkunde vorverstorben.

Die Beteiligte zu 1 hat, gestützt auf das Testament vom 19.03.2007, beim Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins beantragt, welcher sie als Alleinerbin des Erblassers ausweisen soll.

Diesem Antrag hat der Beteiligte zu 2 widersprochen. Er wies darauf hin, dass Geldbeträge, die sich ausweislich der Aufzeichnungen des Erblassers im Jahr 2007 auf knapp 750.000,00 EUR summiert hätten, in dem Testament zum großen Teil unerwähnt bleiben. Vielmehr seien nur Konten bei der Bank 1 und bei der Bank 2 erwähnt. 

Außerdem habe der Erblasser ein Depot bei der Bank 3 in der Schweiz gehabt. Dabei habe es sich um Schwarzgeld des Erblassers gehandelt, wegen dessen der Erblasser später eine Selbstanzeige gestellt habe. Demnach habe der Erblasser keine abschließende Regelung über sein gesamtes Vermögen getroffen. Denn er habe den beiden Bedachten ausdrücklich nur einzelne Gegenstände und Bruchteile seines Vermögens zugewendet.

 

Was sagt das Nachlassgericht?

Mit Beschluss vom 07.12.2021 hat die Richterin des Nachlassgerichts die zur Erteilung des von der Beteiligten zu 1 beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet. Aus diesem Grund beabsichtigt sie, den beantragten Erbschein zu erteilen. Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 2 Beschwerde eingelegt.

 

War die Beschwerde erfolgreich?

Ja! Denn das OLG Frankfurt hat den Beschluss aufgehoben.

 

Weshalb?

Verfügt ein Erblasser bei Errichtung seines Testaments über alle Gegenstände, welche zu diesem Zeitpunkt objektiv sein wesentliches Vermögen darstellen, kann dies ein Indiz dafür sein, dass er auch subjektiv die Vorstellung hatte, über seinen gesamten künftigen Nachlass zu verfügen. Betreffen aber die Verfügungen nicht sein gesamtes zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung vorhandenes Vermögen, ist ein solcher Schluss hingegen nicht möglich. 

Deshalb stellt die Zuordnung eines Bankkontos oder Hauses keine Erbeinsetzung dar, sondern lediglich ein Vermächtnis. Ohne Nennung eines Erben greift die gesetzliche Erbfolge ein, d. h. Ehegatte und Kinder. 

OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 1.7.2021 – 20 W 75/19

 

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