Eheleute hatten sich in einem notariellen Testament gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Erben des Letztversterbenden sollten "unsere gemeinschaftlichen Abkömmlinge zu gleichen Anteilen" sein. Der Überlebende sollte allerdings auch die Erbfolge "unter den gemeinschaftlichen Abkömmlingen abändern" können. Nach dem Tod des Ehemannes wurde die überlebende Ehefrau Alleinerbin. In einem zweiten Testament setzte ihre Tochter und deren Sohn zu ihren Erben ein. Die andere Tochter war der Ansicht, dass dieses Testament unwirksam ist. Denn die Eheleute hätten verfügt, nur die "gemeinschaftlichen Abkömmlinge" könnten als Eben eingesetzt werden. Unter "gemeinschaftliche Abkömmlinge" seien aber nur die gemeinsamen Kinder zu verstehen. Daher könne der Enkelsohn nicht als Erbe eingesetzt werden.
Das Landgericht Osnabrück gab der Klägerin Recht. Erben seien die gemeinsamen Kinder der Eheleute geworden. Die Einsetzung des Enkelsohns durch die Ehefrau sei nach dem gemeinsamen Testament nicht möglich gewesen.
Gegen dieses Urteil haben die von der Ehefrau eingesetzte Tochter und deren Sohn Berufung zum Oberlandesgericht eingelegt. Sie vertraten die Auffassung, dass das Testament der Ehefrau wirksam sei. Sie hätte auch den Enkel einsetzten dürfen.
Die Berufung hatte Erfolg. Das Oberlandesgericht Oldenburg entschied, dass das Wort "Abkömmlinge" nicht allein auf gemeinsame Kinder beschränkt sei. "Abkömmlinge" bedeute auch Enkel, Urenkel usw. Dies ergebe sich bereits aus dem Gesetz (§ 1924 BGB).
Wenn die Eheleute nur die eigenen Kinder einsetzen wollten, hätten sie sicherlich den Begriff "Kinder" gewählt. Es ist auch nachvollziehbar, dass die Eheleute alle ihre zum Zeitpunkt des Erbfalls lebenden Abkömmlinge - ob Kinder, Enkel oder Urenkel - gleichbehandeln wollten. Denn häufig hätten die eigenen Kinder beim Versterben der Eltern bereits eine gefestigte Lebensstellung. Demgegenüber sind in der Regel Enkel und gegebenenfalls Urenkel eher auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Dies gelte insbesondere dann, wenn sie sich noch ihr eigenes Lebensumfeld schaffen müssten. Es sei auch nachvollziehbar, dass die Eheleute alle Abkömmlinge gleich behandeln wollten. Ferner sollte der Umfang des Erbes der einzelnen Enkelkinder nicht davon abhängen, ob ihre Eltern noch lebten und wie viele Geschwister sie jeweils hätten.