Was bedeutet „Bargeld“ im Testament

Es gibt keine Regel, nach der unter dem Begriff „Bargeld“ zwangsläufig auch das auf Bankkonten liegende Geld umfasst wird.

 

Was war passiert?

Die Parteien streiten über Ansprüche nach dem Tod der Erblasserin B. in 2017. Die Beklagten haben die Erblasserin aufgrund Testaments vom 24.3.2015 gemeinschaftlich beerbt. In diesem Testament ordnete die Erblasserin u.a. zugunsten des Klägers zwei Vermächtnisse an:

"Mein Haus in der F.straße 19 erhält mein Patenkind, D. K. mit der Auflage Frau M. He. solange sie will, darin wohnen zu lassen."

"Mein vorhandenes Bargeld wird in 19 Teile aufgeteilt."

Das oben genannte Grundstück wurde am 12.7.2017 an die Enkelin der Erblasserin aufgelassen. Dabei handelte nicht die Erblasserin selbst, sondern sie wurde von der Beklagten zu 1) vertreten. Diese handelte aufgrund einer notariellen Vorsorgevollmacht vom 17.12.2012.

Der Kläger ist der Ansicht, er sei im Hinblick auf das durch die Erblasserin angeordnete Vermächtnis anspruchsberechtigt. Die Beklagten vereitelten rechtswidrig die Vermächtniserfüllung. Die der Übereignung zugrundeliegende Schenkung sei angesichts des nahenden Todes der Erblasserin erfolgt. Außerdem war der Kläger der Auffassung, dass ein deutlich höherer Zahlungsanspruch bestehe. Denn unter dem von ihr verwendeten Begriff "Bargeld" habe die Erblasserin ihr gesamtes Geldvermögen verstanden. Dazu gehören auch private Bankkonten, Scheine und Münzen und auch das Buchgeld. Der Begriff beschränke sich nicht nur das im Zeitpunkt ihres Ablebens vorhandene physische Bargeld.

 

Wie haben die Gerichte entschieden?

Das Landgericht hat die Klage fast vollständig abgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Berufung eingelegt.

Das OLG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

 

Die Begründung des OLG

Wendet der Erblasser im Wege des Vermächtnisses mehreren Vermächtnisnehmern das bei seinem Tode "vorhandene Bargeld" zu, ist eine Auslegung, wonach dieses Bargeld auch "leicht verfügbare Bankguthaben" erfasst zwar möglich, aber nicht zwingend. Es gibt keine Regel, nach der unter dem Begriff "Bargeld" zwangsläufig auch das auf Bankkonten liegende Geld umfasst wird. Umstände, die im Rahmen der Testamentsauslegung herangezogen werden sollen, müssen entweder unstreitig oder zuvor vom Gericht festgestellt worden sein.

Ein gewichtiges Indiz ergibt sich dabei aus dem Umstand, dass es sich bei der Erblasserin unstreitig um eine wirtschaftlich erfahrene Person handelte. Bei einer solchen Person liegt es jedenfalls nahe, dass sie sich über den Begriff des "vorhandenen Bargelds" entsprechende Gedanken gemacht und ihn nicht zufällig oder leichtfertig verwendet hat.

 

OLG München, Urteil vom 5.4.2022 – 33 U 1473/21 

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