Vorkaufsrecht der Mieter

Der Mieter muss bei Ausübung des Vorkaufsrechtes nur den Preis bezahlen, den der bisherige Eigentümer mit einem außenstehenden Interessenten für die vermietete Wohnung vereinbart hat.

 

Was war geschehen?

Die Klägerin war seit dem Jahr 2011 Mieterin einer ca.46 m2 großen unsanierten Wohnung in einem Mehrparteienhaus in Berlin. Die Beklagte, die damalige Eigentümerin und Vermieterin, teilte das Haus im Jahr 2015 in Wohnungseigentumseinheiten auf. Mit notariellem Vertrag vom 06.12.2016 verkaufte sie die an die Klägerin vermietete Wohnung an U.G. (Erstkäuferin). 

Der Kaufvertrag enthielt u.a. folgende Regelung:

„Wird das Wohnungseigentum entgegen vorstehender Beschreibung mit dem laufenden oder einem anderen Mietverhältnis geliefert, mindert sich der Kaufpreis um 10 % auf 146.940 EUR für das Wohnungseigentum.“

Die Klägerin wollte die Wohnung übernehmen und machte daher ihr Vorkaufsrecht geltend. Dafür zahlte sie unter teilweisem Vorbehalt die vom Eigentümer verlangten 163.000 Euro. Da sie der Ansicht ist, dass sie nur den niedrigeren Kaufpreis zahlen muss, fordert sie die Beklagte zur Rückzahlung des Differenzbetrages von 16.326,67 € auf.

Da die Beklagte die Rückzahlung verweigerte, erhob sie Klage.

 

Wie haben die Instanzgerichte entschieden?

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Diese hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

 

Was sagt der BGH?

Will ein Wohnungseigentümer eine vermietete Wohnung verkaufen, muss er laut Gesetz die Mieter hierüber informieren. Den Mietern steht dann ein Vorkaufsrecht zu. Dies können sie ausüben, sobald der Eigentümer mit einem außenstehenden sog. Erstkäufer einen Kaufvertrag geschlossen hat. Es gilt dann der mit dem Erstkäufer vereinbarte Preis.

Der bisherige Eigentümer hatte mit einem Erstkäufer gleich zwei Preise vereinbart: 163.000 Euro, wenn die Wohnung am Kaufstichtag unvermietet ist oder 146.940 Euro, wenn die Wohnung weiterhin vermietet ist.

Nach Auffassung des BGH ist die Preisvereinbarung zwischen Eigentümer und Erstkäufer „eine unzulässige Vereinbarung zulasten Dritter“ und daher unwirksam. Auch für die Mieterin gelte daher der geringere Preis für die unvermietete Wohnung.

Nach den gesetzlichen Vorgaben dürfen die Kaufbedingungen für Mieter nicht ungünstiger sein als für den Erstkäufer.

Dass hier der niedrigere Preis von der Bedingung einer weiteren Mietbelegung abhängt, ändere daran nichts. Zwar komme es vor, dass Wohnungen unvermietet teurer verkauft werden können als vermietet. Der Gesetzgeber habe aber gewollt, dass der mit der Vermietung verbundene Preisabschlag dann den ihr Vorkaufsrecht ausübenden Mietern zukommt.

Für den Verkäufer entsteht dadurch nach Ansicht des BGH kein Nachteil. Er erhalte den Preis, den er auch vom Erstkäufer für die vermietete Wohnung erhalten hätte. 

Zwar könne er stattdessen mit dem Erstkäufer einen höheren Preis vereinbaren, wenn die Wohnung am Kaufstichtag frei sein sollte. In der Regel könnten Vermieter dies nur erreichen, indem sie den Mietern eine Abfindung anbieten. Auch dies zeige, „dass der mit einer Vermietung der Wohnung möglicherweise einhergehende Nachteil wirtschaftlich betrachtet dem Verkäufer zuzuordnen ist“.

 

BGH Urteil vom 23.02.2022 - VIII ZR 305/20

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