Unwirksame Einwilligung in Operation

Der Arzt hat den Patienten über die Risiken einer Operation so rechtzeitig aufzuklären, dass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann. Daher ist eine Einwilligung des Patienten, die durch Unterzeichnung des Aufklärungsformulars unmittelbar nach dem Ende des Aufklärungsgesprächs erfolgt, im Regelfall unwirksam.

 

Was war geschehen?

Im November 2013 wurde bei einem Mann eine operative Begradigung der Nasenscheidewand und eine Nasennebenhöhlenoperation in einer Klinik durchgeführt. Dabei traten Komplikationen auf. Unter anderem war es zu einer Verletzung der vorderen Hirnschlagader und zu einer Durchtrennung des Riechnervs links gekommen. 

Infolgedessen waren in den darauffolgenden beiden Jahren weitere stationäre und ambulante Behandlungen in anderen Kliniken notwendig. Letztlich wurde der Kläger in den Pfleggrad 2 eingestuft mit einem GdB von 90. 

Der Kläger klagte daher gegen die Betreiberin der Klinik auf Zahlung von Schmerzensgeld. 

Neben Aufklärungs- und Behandlungsfehler rügte der Patient, dass seine Einwilligung in die Operation unwirksam sei, da er diese kurz nach dem Aufklärungsgespräch unterzeichnet habe und ihm somit keine Bedenkzeit eingeräumt worden sei.

 

Wie hat die Vorinstanz entschieden?

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger einen Behandlungsfehler der Beklagten nicht bewiesen habe und der Eingriff auch nicht aufgrund unzureichender Aufklärung rechtswidrig gewesen sei.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Berufung eingelegt.

 

Wie hat das OLG geurteilt?

Das OLG hat zu Gunsten des Klägers entschieden.

Die Ärzte haben den Patienten nicht ordnungsgemäß aufgeklärt, weil sie ihm keine hinreichende Bedenkzeit eingeräumt haben.

Die Einwilligung des Klägers, die dieser am 1.11.2013 mit Unterzeichnung des Aufklärungsbogens erteilte, ist unwirksam. Denn der Kläger hat keinerlei Bedenkzeit zwischen Aufklärung über die Risiken des Eingriffs und der Entscheidung über die Einwilligung gemäß gehabt. Eine wohlüberlegte Entscheidung könne schon nach dem Wortlaut des § 630e Abs. 2 Nr. 2 BGB nur treffen, wer ausreichend Zeit zum Überlegen hat. Wenn ein Krankenhaus aus organisatorischen Gründen die Übung hat, den Patienten unmittelbar im Anschluss an die Aufklärung zur Unterschrift unter die Einwilligungserklärung zu bewegen, könne in einem solchen Fall nicht von einer wohl überlegten Entscheidung ausgegangen werden. Diese Einwilligung würde vielmehr unter dem Eindruck einer großen Fülle von dem Patienten regelmäßig unbekannten und schwer verständlichen Informationen und in einer persönlich schwierigen Situation abgegeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Patient zur Unterschrift gedrängt wurde.

Daher ist die Einwilligung des Klägers aus Sicht des OLG Bremen unwirksam.

 

Oberlandesgericht Bremen, Urteil vom 25.11.2021 - 5 U 63/20 -

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