Umgangsrecht während der Coronapandemie

Umgangsrecht während der Coronapandemie

Elternteil darf von gerichtlich geregeltem Umgang nicht einseitig wegen Corona-Pandemie abweichen

Ein familiengerichtlich geregelter Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil darf ohne rechtfertigende Änderungs­entscheidung des Familiengerichts nicht unter Hinweis auf die Kontak­tbeschränkungen wegen der Verbreitung des Corona-Virus verweigert werden. Gegen einen Elternteil, der den Umgang gleichwohl nicht gewährt, kann ein Ordnungsgeld verhängt werden.

Der Sachverhalt

Das Familiengericht hatte in 2018 durch Beschluss das Umgangsrecht des gemeinsam mit der Mutter sorgeberechtigten Vaters mit dem 10-jährigen Kind der Eltern geregelt. Danach stand dem Vater ein regelmäßiger Wochenendumgang sowie ein Ferienumgang zu. Bei schuldhaften Zuwiderhandlungen gegen diese Regelungen konnte ein Ordnungsgeld bis zu 25.000 € angeordnet werden.

Die Mutter will den Umgang des Vaters mit dem Kind wegen Corona beschränken

Im März 2020 kam es zum Konflikt zwischen den Eltern hinsichtlich des Umgangs. Ende März teilte die Mutter dem Vater mit, dass sie den direkten Umgang aussetze, da im Haushalt Corona-Risikogruppen lebten. Der Vater könne mit dem Kind telefonieren und es auf dem Balkon sehen. 

Der Vater klagt gegen die Beschränkung des Umgangs.

Wie hat das Familiengericht entschieden?

Das Familiengericht gibt dem Vater Recht und setzt wegen Zuwiderhandlung gegen die gerichtlich festgelegte Umgangsregelung ein Ordnungsgeld gegen die Mutter i.H.v. 300 € fest. Gegen diesen Beschluss erhebt die Mutter sofortige Beschwerde.

Was sagt das OLG?

Da die Mutter dem Vater ab Mitte März 2020 bis jedenfalls Ende Mai 2020 keinen persönlichen Kontakt mit ihrem gemeinsamen Kind gewährte, liegt eine Zuwiderhandlung gegen die gerichtliche Umgangsregelung vor. Ohne Erfolg beruft sich die Mutter darauf, dass der gerichtlich geregelte Umgang „wegen der Kontaktbeschränkungen und der Gefahr der Verbreitung des Corona-Virus nicht habe stattfinden können.“  Denn sie selbst gehöre zu einer Risikogruppe. Außerdem wohne das Kind mit seinen Großeltern in einem Mehrgenerationenhaus. Der umgangsverpflichtete Elternteil (die Mutter) ist ohne Einverständnis des umgangsberechtigten Elternteils (der Vater) grundsätzlich nicht befugt, entgegen einer familiengerichtlichen Regelung über die Ausgestaltung und das Stattfinden des Umgangsrechts zu disponieren.

Corona-Pandemie kein Grund für Ausschluss des Umgangsrechts

Grundsätzlich hätten zudem die Kontaktbeschränkungen wegen der Verbreitung des Corona-Virus zu keinem Zeitpunkt dazu geführt, dass Umgangskontakte von Elternteilen mit ihren Kindern nicht mehr stattfinden können bzw. konnten. Das Bundesministerium für Justiz habe vielmehr darauf hingewiesen, dass das Umgangsrecht aufgrund der Corona-Pandemie nicht auszuschließen sei. Die Empfehlung, soziale Kontakte möglichst zu vermeiden, beziehe sich nicht auf die Kernfamilie. Hierzu gehörten auch Eltern in verschiedenen Haushalten. 

Das OLG macht seine Rechtsauffassung mit folgendem Satz deutlich:

„Der Umgang zwischen dem nicht betreuenden Elternteil und dem Kind gehört zum absolut notwendigen Minimum zwischenmenschlicher Kontakte. Dieser unterfällt damit einem Ausnahmetatbestand“.

Freiwillige Quarantäne müssen beide Elternteile gemeinsam beschließen

Ohne Erfolg verweise die Mutter zudem auf eine freiwillige Quarantäne im Hinblick auf ihre eigene Vorerkrankung und das Alter der im Haus lebenden Großeltern. Die Entscheidung, das Kind ebenfalls einer freiwilligen Quarantäne zu unterstellen, konnten die Eltern nur gemeinsam treffen. Das sei aber nicht erfolgt.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 08.07.2020  - 1 WF 102/20 -

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