Der Sohn eines 2016 gestorbenen Mannes klagt auf Testamentseinsicht, indem der beurkundende Notar von der Einhaltung der gesetzlichen Schweigepflicht entbunden werden soll.
Der Vater hatte ca. vier Jahre vor seinem Tod mit seiner zweiten Ehefrau ein Testament aufgesetzt. Danach sollten nur die Kinder aus zweiter Ehe erben. Die zweite Ehefrau ist bereits im Jahr 2015 verstorben.
Der Kläger, ein Sohn aus erster Ehe, erfuhr davon erst bei der Testamentseröffnung. Er will beim Notar die beglaubigte Abschrift des Testaments einsehen. Denn nach seinem Vorbringen gibt es Anzeichen dafür, dass Seiten des Originals ausgetauscht worden seien. Der Notar hat dies abgelehnt.
Die Notaraufsicht in Form des Präsidenten des Landgerichts Münster hatte den Antrag abgelehnt. Zur Begründung führte er aus, dass die Manipulationsvorwürfe „jeder nachvollziehbaren vernünftigen Grundlage“ entbehrten.
Das Kölner Oberlandesgericht hatte diese Entscheidung bestätigt.
Es gibt kein Geheimhaltungsinteresse gegenüber dem gesetzlichen Erben. Denn um die Verwirklichung des letzten Willens sicherzustellen, müssen insbesondere über die Erbeinsetzung der testamentarischen Erben und die damit verbundene Enterbung der gesetzlichen Erben auch letztere informiert werden.
Mit dem Tod des Vaters ist dessen Interesse an Geheimhaltung seines letzten Willens dem Sohn gegenüber entfallen. Denn es spielt keine Rolle, ob der Sohn enterbt ist oder nicht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der gesetzliche Erbe aus nachvollziehbaren Motiven über den Inhalt des Testaments informiert werden möchte.
Der Notar ist daher zwingend von seiner Verschwiegenheitspflicht zu befreien.
Mit dem Urteil hat der BGH nur über die auf einen bestimmten tatsächlichen Vorgang bezogene Befreiung des Notars von der Verschwiegenheitspflicht entschieden. Das Urteil betrifft nicht die Frage, ob der Notar überhaupt und wie er dem Antragsteller die erstrebte Information zu verschaffen hat.