Streit um Schutzimpfung beim Kind

Die Entscheidung über die Durchführung von Schutzimpfungen für ein gemeinsames Kind kann bei Uneinigkeit der Eltern auf den Elternteil übertragen werden, der seine Haltung an den Empfehlungen der STIKO (Ständige Impfkommission) orientiert.

 

Der Sachverhalt:

Die Parteien sind Eltern eines 2018 geborenen Kindes. Sie üben gemeinsam die elterliche Sorge aus. Die Mutter möchte das Kind gemäß den Empfehlungen der STIKO impfen lassen. Der Vater ist damit nicht einverstanden und verlangt eine gerichtliche Prüfung der Impffähigkeit des Kindes.

Deshalb hat die Mutter gerichtlich beantragt, ihr die Entscheidungsbefugnis über Standardimpfungen zu übertragen. 

 

Wie hat das Familiengericht entschieden?

Das Amtsgericht hat der Kindesmutter mit Beschluss vom 7. Dezember 2020 die Entscheidungsbefugnis über Standardimpfungen gemäß § 1628 Abs. 1 BGB übertragen. Die Kindesmutter verfolge im Hinblick auf Impfungen das für das Kindeswohl bessere Konzept. Gegen diesen Beschluss hat der Kindesvater Beschwerde eingelegt.

 

Was sagt das OLG?

Nach Ansicht des OLG ist die Entscheidung des Familiengerichts nicht zu beanstanden. Daher wurde die Beschwerde zurückgewiesen.

Die aufgrund § 1628 BGB zu treffende Entscheidung des Familiengerichts richtet sich nach dem Kindeswohl. Die Entscheidungskompetenz ist dem Elternteil zu übertragen, dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes entspricht. 

Bei der Übertragung der Entscheidungsbefugnis über Schutzimpfungen auf einen Elternteil kann dabei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich maßgeblich darauf abgestellt werden, dass ein Elternteil Impfungen offen gegenübersteht und seine Haltung an den Empfehlungen der STIKO orientiert, ohne dass es der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedarf, wenn im Einzelfall kein Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht.

Es kann somit davon ausgegangen werden, dass eine an den Empfehlungen der STIKO orientierte Entscheidung der Kindesmutter über vorzunehmende Impfungen im Ausgangspunkt das für das Kindeswohl bessere Konzept im Sinne der Rechtsprechung darstellt. Bei der Abwägung zwischen Risiken im Fall einer Impfung und Risiken bei unterbleibender Impfung kann das Gericht die Entscheidung auf den Elternteil übertragen, der den fachlichen Empfehlungen der STIKO folgt. Diesen Empfehlungen kommt nämlich die Funktion eines antizipierten Sachverständigengutachtens zu.

Da nach den Empfehlungen der STIKO die Impffähigkeit in der konkreten Situation unter Berücksichtigung etwaiger Kontraindikationen ärztlich zu prüfen ist, bedarf es auch keiner allgemeinen, unabhängig von einer konkreten Impfung vorzunehmenden gerichtlichen Aufklärung der Impffähigkeit des Kindes. Der Sorge des Vaters um die körperliche Unversehrtheit des Kindes im Hinblick auf den Impfvorgang selbst tragen die Empfehlungen der STIKO ebenfalls Rechnung. Für den Impfvorgang empfiehlt die STIKO eine am Kindeswohl orientierte Vorgehensweise mit im Einzelnen dargestellten Handlungsvorschlägen. Dass diese Empfehlungen vorliegend unzureichend sein könnten, war weder vorgetragen noch ersichtlich.

 

OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 8.3.2021 - 6 UF 3/21

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