Handelsrecht: To-do-Liste für Unternehmen, wenn der Vertragspartner in der Corona-Krise Insolvenz anmeldet

Wenn Ihr Vertragspartner in der Corona-Krise einen Insolvenzantrag stellt, müssen Sie als Unternehmen schnell handeln

Es ist längst bittere Realität, dass die COVID-19-Pandemie auch erhebliche negative Auswirkungen auf die Wirtschaft hat. Erste Unternehmen melden bereits Insolvenz an. Auch große Handelsunternehmen sind hiervon betroffen. Am 01.04.2020 hat etwa die GALERIA Karstadt Kaufhof GmbH einen Insolvenzantrag gestellt. Der deutsche Einzelhandel erwartet bis zu 50.000 Insolvenzen durch die Corona-K. In den letzten Wochen erreichen uns viele Anfragen von Unternehmen, die Vertragspartner beliefern bzw. beliefert haben, die gezwungen waren einen Insolvenzantrag zu stellen. Die betroffenen Lieferanten möchten wissen, welche rechtlichen Möglichkeiten sie haben, ausstehende Zahlungen zu erhalten. Dies haben wir zum Anlass genommen, im Folgenden über die rechtliche Ausgangslage sowie Ihre rechtlichen Möglichkeiten für eine bestmögliche Sicherung Ihrer Ansprüche zu informieren:

1. Rechtliche Einordnung der Forderungen vor Antragstellung

Grundsätzlich stellen sämtliche Forderungen, die Sie vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet haben, Insolvenzforderungen i.S.d. § 38 InsO dar. Diese können Sie nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenztabelle anmelden. Im Fall einer Feststellung der angemeldeten Forderung nehmen Sie, sofern ausreichend Masse vorhanden ist, an der Quotenausschüttung teil. Meist erhalten Sie als Gläubiger hierbei deutlich unter 10 % Ihrer Ursprungsforderung.

2. Lieferung unter einfachem Eigentumsvorbehalt / Lagerung in einem Konsignationslager

Wenn Sie Ihre Ware unter einfachem Eigentumsvorbehalt an Ihren Vertragspartner geliefert haben und diese Ware noch vor Ort liegt oder Ihre Ware in einem bei Ihrem Vertragspartner befindlichen Konsignationslager gelagert ist, bleiben Sie Eigentümer dieser Ware. In diesem Fall können Sie von Ihrem Vertragspartner gem. §§ 47 InsO, 985 BGB Aussonderung, d.h. die Herausgabe der Ware verlangen.

Im Fall der Führung eines Konsignationslagers bei Ihrem Kunden müssen Sie die Berechtigung zur Entnahme von Waren aus dem Konsignationslager widerrufen.

Wichtig ist des Weiteren, Ihre Ansprüche unmittelbar nach Kenntniserlangung von dem Insolvenzantrag zu sichern, indem Sie sich entweder eine aktuelle Bestandsliste der vor Ort noch vorhandenen Ware von ihrem Kunden zusenden lassen oder nach Terminabsprache vor Ort eine eigene Inventur Ihrer Ware vornehmen.

3. Lieferung unter verlängertem Eigentumsvorbehalt

Sofern Sie die Ware unter verlängertem Eigentumsvorbehalt geliefert haben, haben Sie ihrem Kunden gestattet, die Ware weiter zu veräußern. Im Gegenzug hat ihr Kunde seine gegen die Endkunden erlangten Forderungen an Sie abgetreten.

Sofern die Ware unberechtigt, d.h. ohne Ihre vorherige Zustimmung oder nach Widerruf Ihrer Zustimmung, veräußert wird, haben Sie gemäß § 48 InsO einen Anspruch auf Ersatzaussonderung. Dies bedeutet, dass Sie die Abtretung des Rechts auf die Gegenleistung verlangen können, soweit die Forderung noch besteht. Sofern Sie die Ware im Wege des Barverkaufs an die Endkunden veräußern, erlischt diese Forderung bereits mit Zahlung des Kunden an der Kasse. Sie haben dann nach § 48 InsO Anspruch auf diesen, in die Insolvenzmasse gelangten Betrag, soweit dieser in der Masse noch unterscheidbar vorhanden ist.

Um die Voraussetzungen des § 48 InsO zu erfüllen, ist es wichtig, die im Rahmen der bisherigen Geschäftsbeziehung in der Regel erteilte Zustimmung zur Weiterveräußerung der unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Ware zu widerrufen.

4. Lieferung im Rahmen eines Kommissionsvertrages

Es gibt diverse Möglichkeiten, einen Kommissionsvertrag zu gestalten, sodass der jeweilige Vertrag im Einzelnen einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen ist. Auch die Frage, ob und welche Form von Eigentumsvorbehalt Sie ggf. vereinbart haben, prüfen wir gerne für Sie. Gerne übernehmen wir für Sie auch die direkte Kommunikation mit Ihrem Kunden.

5. Sicherungsmöglichkeiten der Weiterbelieferung vor Eröffnung

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt i.d.R. drei Monate nach Antragstellung. Auch die Ansprüche, die nach Stellung des Insolvenzantrages aber vor Eröffnung des Verfahrens begründet werden, stellen grundsätzlich nur Insolvenzforderungen dar. Gleichzeitig wird der Geschäftsbetrieb in dieser Zeit fortgeführt und Sie als Lieferant werden wahrscheinlich angefragt, den Kunden weiter zu beliefern. In Anbetracht der Tatsache, dass im Rahmen einer Quotenausschüttung häufig eher geringe Beträge ausgeschüttet werden, sollten Sie möglichst umgehend auf eine Sicherung Ihrer Ansprüche in diesem Zeitraum hinwirken.

a) Lieferung nur im Falle von Einzelermächtigungen / im Falle einer Generalermächtigung

Ihr Kunde hat die Möglichkeit, beim zuständigen Amtsgericht - Insolvenzgericht - die Erteilung einer Generalermächtigung oder die Erteilung von Einzelermächtigungen zu beantragen. Damit werden auch vor Eröffnung begründete Forderungen, die nach Erteilung der Ermächtigung begründet werden, Masseverbindlichkeiten nach §§ 53, 55 InsO. Sie  sind nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus der Insolvenzmasse zu begleichen.

Auch bei einer Einzel- oder Generalermächtigung besteht aber das Risiko, dass die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um sämtliche Masseverbindlichkeiten zu zahlen.

b) Lieferung nur gegen Vorkasse

Das Risiko des Ausfalls nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit kann durch Vereinbarung der Lieferung Ihre Ware gegen Vorkasse vermieden werden. Lieferung per Vorkasse birgt allerdings das Risiko der Anfechtbarkeit in sich. Es ist daher bei Lieferung per Vorkasse zwingend darauf zu achten, die Lieferung und die Zahlung innerhalb des Zeitraums eines Bargeschäfts (übliche Gepflogenheiten, maximal 30 Tage) abzuwickeln .

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