Haben Sie ein Testament in Verwahrung?

Jeder, der ein Testament eines Verstorbenen besitzt, muss das Testament nach dem Tod des Erblassers beim Nachlassgericht abliefern.

 

Was war passiert?

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche anlässlich eines Erbfalls. Klägerin ist die Tochter des Erblassers aus erster Ehe. Die Beklagte ist seine zweite Ehefrau. Der 2018 verstorbene Erblasser hatte insgesamt drei Testamente errichtet. Zwei handschriftliche Testamente aus 2006 und 2008 sowie ein notarielles Testament aus 2012. Alle Testamente weisen die Beklagte als Alleinerbin aus. Die beiden handschriftlichen Testamente hatte die Beklagte in Verwahrung.

Nach dem Tode des Erblassers eröffnete das Nachlassgericht das notarielle Testament. Die beiden anderen Testamente legte die Beklagte nicht vor.

Die – enterbte – Tochter stellte beim Amtsgericht einen Erbscheinsantrag mit der Begründung, der Erblasser sei zum Zeitpunkt der Errichtung des notariellen Testaments testierunfähig gewesen. Erst danach reichte die Beklagte die beiden früheren, handschriftlichen Testamente zur Eröffnung ein. Daraufhin nahm die Tochter den Erbscheinsantrag zurück.

Die Klägerin macht Schadensersatz in Form von Flugkosten, Rechtsanwalts- und Notarkosten geltend. Diese Kosten wären nicht angefallen, wenn die Beklagte alle Testamente unmittelbar nach dem Erbfall vorgelegt hätte.

 

Wie haben die Gerichte entschieden?

Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Das OLG die Klage zwar insgesamt abgewiesen. Dies geschah aber nur, weil der Beklagten nach Ansicht des Gerichts kein Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) nachgewiesen werden konnte.

 

Die wichtigsten Hinweise des OLG

Der Besitzer eines Testamentes ist dazu verpflichtet, es unverzüglich, nachdem er vom Tode des Erblassers Kenntnis erlangt hat, dem Nachlassgericht vorzulegen (§ 2259 Abs.1 BGB).

Diese Bestimmung dient der Erhaltung und Sicherstellung nicht amtlich verwahrter Verfügungen von Todes wegen und somit der Umsetzung des letzten Willens des Verstorbenen sowie der Vorbereitung deren Eröffnung. Die Verletzung dieser Abgabepflicht kann daher zum Schadensersatz führen.

 

Fazit

Nach dem Ableben muss ein Testament vom Nachlassgericht eröffnet werden. Jeder, der ein Testament eines Verstorbenen besitzt, muss das Testament beim Nachlassgericht abliefern. Hierzu gehören auch alte und frühere Testamente. Wer es nicht abliefert, begeht nicht nur eine Straftat, sondern muss auch den darauf beruhenden Schaden ersetzen.

 

Tipp

Ob ein Dokument tatsächlich als Testament anzusehen ist, entscheidet allein das Gericht. Daher ist der Finder oder Besitzer gut beraten, dem Gericht alles vorzulegen, was auch nur im Entferntesten wie ein Testament aussieht:

OLG Hamburg, Urteil vom 09.09.2021 - 2 U 9/21

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