Der Beteiligte zu 1 und Beschwerdeführer war ein Freund der am 03.11.2019 verstorbenen Erblasserin. Der Beteiligte zu 2 war ihr langjähriger Lebensgefährte, mit dem sie seit April 2006 bis einige Wochen vor ihrem Tod zusammenlebte.
Am 29.08.2011 errichtete die Erblasserin ein notariell beurkundetes Testament, in dem sie den Beteiligten zu 2 zu ihrem Alleinerben einsetzte.
Rund 8 Monate später, am 15.05.2012, verfasste die Erblasserin handschriftlich ein mit "Mein Testament" überschriebenes Schriftstück mit mehreren Verfügungen für die Person, die „nach mir sieht bzw. sich um mich kümmert“.
Bevollmächtigter der im handschriftlichen Testament in Bezug genommenen Vorsorgevollmacht war zu jenem Zeitpunkt noch der Beteiligte zu 2). Unter dem 01.10.2019 unterzeichnete die Erblasserin eine neue Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung. Darin war der Beteiligte zu 1) als Vollmachtnehmer eingetragen.
Der Beteiligte zu 1) beantragte die Erteilung eines Erbscheins aufgrund des handschriftlichen Testaments vom 15.05.2012. Dem widersprach der Beteiligte zu 2 und beantragte seinerseits einen Erbschein.
Das Amtsgericht-Nachlassgericht hat mit Beschluss vom 04.05.2020 die aufgrund des Antrags des Beteiligten zu 2) zur Erteilung des Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet. Hiergegen richtete sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1).
Wer durch ein Testament eingesetzt ist, wird nicht zwingend durch ein späteres Testament enterbt. Wird das frühere Testament nicht explizit aufgehoben, gilt es weiter, wenn das spätere Testament dem nicht widerspricht. Das Bedenken mit einzelnen Vermögensgegenständen (z.B. Haus) muss nicht die Erbeinsetzung des früheren aufheben.
Testamentarische Anordnungen können ihre Wirksamkeit durch Widerruf verlieren (§ 2253 BGB). Liegen zwei zeitlich aufeinander folgende Testamente vor und enthält das spätere – wie hier – keinen ausdrücklichen Widerruf des früheren, kann § 2258 BGB zum Tragen kommen. Nach dieser Vorschrift gelten frühere Anordnungen als widerrufen, soweit sie mit zeitlich danach getroffenen Anordnungen in Widerspruch stehen. Das gilt auch dann, wenn das erste Testament notariell und das zweite "nur" handschriftlich verfasst wurde. Auch bei inhaltlicher Vereinbarkeit mehrerer letztwilliger Verfügungen kann ein Widerspruch dann bestehen, wenn nach dem Willen des Erblassers die spätere Verfügung allein und ausschließlich gelten soll, weil der Erblasser mit ihr die Erbfolge abschließend regeln wollte.
Bei der Klärung des maßgeblichen Erblasserwillens darf weder dem älteren noch dem jüngeren Testament von vornherein mehr Gewicht beigemessen werden. Die Testamente sind je für sich auszulegen und die so ermittelten Absichten des Erblassers zueinander in Beziehung zu setzen. Im Vordergrund steht der wirkliche Wille des Erblassers.
Aus diesen allgemeinen Überlegungen ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass die Anordnungen im handschriftlichen Testament vom 15.05.2012 denjenigen im notariellen Testament aus dem Jahr 2011 nicht widersprechen.
Zu Recht hat das Amtsgericht die am 15.05.2012 getroffenen und in den Folgejahren bestätigten Anordnungen der Erblasserin nicht als Widerruf der letztwilligen Verfügung vom 29.08.2011 betrachtet.
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