gesetzliche Erbfolge nach Letztversterbenden
In selbsterstellten Testamenten kann viel falsch gemacht werden. Dies gilt nicht nur dann, wenn juristische Kenntnisse aus dem Erbrecht fehlen, sondern auch, wenn Grundzüge des Erbrechts bekannt sind. So errichtete ein früherer Botschafter der Bundesrepublik Deutschland ein privatschriftliches Testament. Botschafter haben von Amts wegen für im Ausland lebende deutsche Staatsangehörige Testamente zu protokollieren. Bei dem testierenden Botschafter waren sogar erbrechtliche Kenntnisse vorhanden. Dennoch wurde über die Auslegung des Testamentes gestritten. Grund hierfür war, dass der Botschafter im gemeinschaftlichen Testament mit seiner Ehefrau angeordnet hat, dass nach dem Tod des Letztversterbenden die gesetzliche Erbfolge eintreten soll. Zum Zeitpunkt der Errichtung waren 2 Kinder aus der Ehe hervorgegangen. Nach der gesetzlichen Erbfolge hätten die beiden Kinder zu je 1/2 geerbt, wenn der 2. Elternteil verstorben wäre. Wenn es hierbei geblieben wäre, wäre es nicht zum Streit gekommen.
Die Besonderheit liegt darin, dass die überlebende Ehefrau (des Botschafters) ein abänderndes Testament errichtet hat. Darin war eine Testamentsvollstreckung angeordnet worden. Es stellte sich die Frage, ob die Testamentsvollstreckung wirksam war. Die Anordnung wäre wirksam, wenn das spätere Testament nicht gegen eine bindende Erbeinsetzung aus dem früheren Testament verstoßen hätte. Die bindende Erbeinsetzung sah die mit der Testamentsvollstreckung belastete Erbin im gemeinschaftlichen Testament der Eltern. Sie vertrat die Ansicht, dass das Testament so zu verstehen sei, dass die Eltern die beiden Töchter nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge verbindlich als Erben eingesetzt haben. Demgegenüber vertrat das Amtsgericht, dass die von den Eltern gewählte Formulierung lediglich ein (selbstverständlicher) Hinweis darauf sei, dass nach dem Tod des Überlebenden die gesetzliche Erbfolge eintreten soll.
Das Oberlandesgericht Hamm schloss sich der Ansicht des Amtsgerichtes an. Es hätten sich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Eheleute mit Errichtung des Testamentes verbindlich beide Töchter haben einsetzen wollen.
Fazit: Die genaue Formulierung eines Testamentes sollte einem erbrechtlich versierten Fachmann überlassen werden. Das Verständnis der oben genannten Formulierung wäre von entscheidender Bedeutung gewesen, wenn der überlebende Ehegatte erneut geheiratet hätte. Wird die Formulierung als bloßer Hinweis verstanden, so würde der neue Ehegatte nach der gesetzlichen Erbfolge Erbe werden. Wird die Formulierung als Einsetzung der beiden Töchter entsprechend der gesetzlichen Erbfolge verstanden, würde der neue Ehegatte kein Erbe werden.
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