Dies hat der BGH heute zum Aktenzeichen VI ZR 252/19 erklärt. Damit wird der BGH wohl bestätigen, dass VW getäuscht hat. Eigentümer der betroffenen Autos haben damit aller Voraussicht nach einen Schadenersatzanspruch gegen Volkswagen.
Ein Urteil liegt noch nicht vor, es ist aber davon auszugehen, dass der BGH die geäußerte Rechtsansicht auch in einem folgenden Urteil bestätigt. Damit ist der Weg für Schadenersatzansprüche gegenüber VW frei. Und zwar häufig über das hinausgehend, was in der Musterfeststellungsklage angeboten wurde.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich am heutigen Dienstag mit dem VW-Abgasskandals beschäftigt. Damit ist der Rechtsstreit über Entschädigungen für manipulierte Dieselfahrzeuge Hunderttausender Kunden in der höchsten Instanz angekommen.
Der Kläger wollte von der Beklagten, der Volkswagen AG, Schadenersatz. Sein Ziel war es, den 2014 gekauften Gebrauchtwagen an Volkswagen zurückzugeben und dafür den vollen Preis von rund 31 500 Euro erstattet zu haben. Das erstinstanzliche Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Entscheidung des Landgerichts abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 25.616,10 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs zu zahlen. Zudem hat das OLG die Revision zugelassen.
Der BGH hat nunmehr die Ansprüche des Klägers gegen VW geprüft.
Die Vorgerichte hatten bislang zwar eine Täuschung von VW wegen des Einbaus einer verbotenen Abschalteinrichtung bejaht. Allerdings beim Schadenersatz vom zu zahlenden Kaufpreis zu Lasten des Klägers die gefahrenen Kilometer wertanteilig abgezogen.
Nach der ersten Anhörung ist davon auszugehen, dass der BGH die Einschätzung der Vorinstanz, dass VW getäuscht hat, bestätigt. Dies bedeutet, dass VW den Eigentümern, die die Fahrzeuge im guten Glauben erworben haben, Schadenersatz leisten muss. Allerdings hat der BGH in seiner Stellungnahme auch verlauten lassen, dass der Abzug der Nutzungsentschädigung für gefahren Kilometer, ebenfalls rechtens sein dürfte.
Wer zum Zeitpunkt, als der VW-Abgasskandal aufgeflogen ist, Eigentümer eines Fahrzeugs mit dem VW-Motor EA189 war, hat Schadenersatzansprüche gegenüber dem Hersteller VW. VW muss den Kaufpreis, zuzüglich Zinsen, aber abzüglich der gezogenen Nutzungen, Zug-um-Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs, an den Geschädigten zurückzahlen.
Allerdings können diese Ansprüche, sofern man bislang nicht gerichtlich tätig geworden ist, bereits verjährt sein. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob möglicherweise die Ansprüche schon verjährt sind, oder nicht. Geschädigte, die sich der Musterfeststellungsklage angeschlossen hatten, können noch bis Oktober 2020 eine Individualklage gegen VW einreichen.
Auch wenn Sie Sich bereits dem von der Verbraucherzentrale ausgehandelten Vergleich im Musterfeststellungsverfahren angeschlossen haben, können Sie diesen unter Umständen noch widerrufen. Der Vergleich in dem Verfahren vor dem OLG Braunschweig kann innerhalb von 2 Wochen nach Zustandekommen widerrufen werden. Der Vertrag ist erst mit der Bestätigung von VW zustande gekommen, dass diese den Vergleich annehmen. Nicht entscheiden ist wann Sie Ihre Zustimmung erklärt haben. Sollte also VW den Vertrag am 22.04.2020 bestätigt haben, können Sie den Vergleich noch widerrufen. Denn die zweiwöchige Frist zum Widerruf läuft dann noch!
Dadurch gibt es unter Umständen die Möglichkeit, selbstständig gegen VW einen höheren Schandersatz einklagen, als im Rahmen der Musterfeststellungsklage vereinbart. Allerdings ist zu beachten, dass bei der Individualklage der Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen und unter Abzug der gezogenen Nutzungen, die Herausgabe des Fahrzeugs gegenübersteht.
Dann handeln Sie jetzt schnell: Widerrufen Sie den möglicherweise mit VW bereits geschlossene Vergleich. Beachten Sie dabei die Fristen. Hinweise zum Widerruf sind in dem Bestätigungsschreiben von VW enthalten.
Sollten Sie der Musterfeststellungsklage nicht beigetreten sein, laufen keine akuten Fristen. Ob dann allerdings überhaupt noch Ansprüche durchgesetzt werden können, ist im Einzelfall zu prüfen.