Auskunftsanspruch über Abstammung

Eine leibliche Mutter ist ihrem Kind zur Auskunft über die Identität des leiblichen Vaters verpflichtet. Dies gilt auch dann, wenn das Kind adoptiert wurde und andere rechtliche Eltern hat. 

 

Der Sachverhalt

Die im Jahre 1984 geborene Antragstellerin verlangt von ihrer Mutter Auskunft über die Person des leiblichen Vaters.

Die Mutter war bei der Geburt ihrer Tochter erst 16 Jahre alt. Sie war in problematischen Familienverhältnissen aufgewachsen. Die Schwangerschaft hatte sie erst im siebten Monat bemerkt. Nach der Geburt lebte sie mit ihrem Kind zunächst in einem Mutter-Kind-Heim und später in einer Mädchen-Wohngemeinschaft, ehe die Antragstellerin von einem Ehepaar adoptiert wurde. Der leibliche Vater blieb für die Tochter ein Unbekanter. 

Ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren war ebenso erfolglos wie ein außergerichtlicher Vaterschaftstest mit einem weiteren Mann.

Nachdem die Antragstellerin die Antragsgegnerin im März 2018 erfolglos aufgefordert hatte, Namen und Anschrift des leiblichen Vaters zu benennen, hat sie  diesen Auskunftsanspruch gerichtlich geltend gemacht.

 

Wie haben die Instanzgerichte entschieden?

Das Familiengericht hat den Antrag zurückgewiesen, weil der Antragsgegnerin die Auskunftserteilung unmöglich sei. Dagegen hatte die Tochter mit Erfolg Beschwerde beim Oberlandesgericht eingelegt. Das OLG verpflichtete die Mutter  der Tochter alle Männer mit vollständigem Namen und Adresse zu benennen, die ihr in der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt haben.     

Gegen diesen Beschluss hat die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt.

 

Wie hat der BGH geurteilt?

Nach Ansicht des BGH steht der Antragstellerin der geltendgemachte Auskunftsanspruch zu.

Anspruchsgrundlage für die begehrte Auskunft ist § 1618 a BGB. Danach schulden Eltern und Kinder einander Beistand und Rücksicht. Auch wenn die Vorschrift keine konkreten Sanktionen bei einem Verstoß vorsieht, können Eltern und Kindern aus ihr wechselseitig Rechtsansprüche erwachsen. Mit dem Auskunftsanspruch wird eine Rechtsposition von ganz erheblicher verfassungsrechtliche Bedeutung geschaffen. Es geht nämlich um das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung.

Diesem Anspruch der Antragstellerin steht nicht das Löschen des rechtlichen Eltern – Kind – Verhältnisses aufgrund der Adoption entgegen.

Denn der Auskunftsanspruch zwischen Kind und Mutter ist bereits vor der Adoption entstanden. Andernfalls würde dies zu einer nicht gerechtfertigten Schlechterstellung gegenüber Kindern führen, deren rechtliche Eltern – Kind – Beziehung zu ihrer leiblichen Mutter fortbesteht.

 

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.01.2022 - XII ZB 183/21 -

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