Ausgleich des Mietrückstands innerhalb der Schonfrist hat keine Folgen auf hilfsweise gestützte ordentliche Kündigung

miet-wohnungseigentumsrecht

Ein innerhalb der Schonfrist erfolgter Ausgleich des Mietrückstands hat lediglich Folgen für die fristlose, nicht jedoch für eine aufgrund desselben Mietrückstands hilfsweise  ordentliche Kündigung. Diese Wirkung des Nachholrechts des Mieters entspricht dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers.

 

Der Sachverhalt

Der Beklagte war seit 1984 Mieter der streitgegenständlichen Wohnung in Berlin. Bis Juni 2013 betrug die monatliche Nettomiete 307 € und wurde im Wege eines Vergleichs zwischen den Mietvertragsparteien um 55 € ab dem Monat nach Anbringung eines Balkons an der Wohnung erhöht. Der Beklagte zahlte ab März 2012 lediglich eine um 20 % (61,44 €) geminderte Miete, da er der Ansicht war, infolge einer Verschattung der Wohnung nach einem Balkonanbau sowie wegen eines entfallenen Spielplatzes sei die Miete um jeweils 10 % gemindert. Die im Rahmen des vorgenannten Vergleichs vereinbarte Mieterhöhung entrichtete er nach dem Anbau des Balkons an seiner Wohnung ab August 2013 nicht.

Im Jahr 2017 erhob die Vermieterin Klage auf Zahlung der Mietrückstände. Diese hatte in erster Instanz (im Wesentlichen) Erfolg. Der Beklagte zahlte jedoch (auch) hiernach weiterhin eine geminderte Miete. Auf die damalige Berufung des Beklagten hin wurde das vorgenannte Urteil teilweise abgeändert, da er aufgrund des weggefallenen Spielplatzes in der Zeit von April bis Oktober des jeweiligen Jahres nur eine monatlich um 28,81 € geminderte Miete zu zahlen habe.

Wegen des bis dahin aufgelaufenen Mietrückstands erklärte die Klägerin im April 2018 die fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Nach Zustellung der vorliegenden auf Räumung und Herausgabe gerichteten Klage mit der die Klägerin erneut eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung wegen des Zahlungsverzugs erklärte hat der Beklagte die rückständige Miete beglichen.

 

Wie haben die Vorinstanzen entschieden?

Das Amtsgericht hat der Räumungsklage aufgrund der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses vom 26. April 2018 stattgegeben. Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Räumungsklage abgewiesen.

 

Wie urteilt der BGH?

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die auf die ausgebliebenen Mietzahlungen des Beklagten gestützten Kündigungen nicht infolge der Schonfristzahlung (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB) unwirksam geworden. Eine solche Zahlung hat (lediglich) Folgen für die fristlose Kündigung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB); eine auf den zum Kündigungszeitpunkt bestehenden Mietrückstand zugleich gestützte ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB deren Voraussetzungen im Übrigen zugunsten der Klägerin im Revisionsverfahren mangels entsprechender Feststellungen des Berufungsgerichts zu unterstellen sind bleibt von der Schonfristzahlung unberührt.

Die entsprechende Regelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB ist hierauf nicht unmittelbar und (wovon wohl auch das Berufungsgericht ausgeht) auch nicht analog anwendbar. Die (beschränkte) Wirkung des Nachholrechts des Mieters entspricht dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers, so dass der an Gesetz und Recht gebundene Richter (Art. 20 Abs. 3 GG) diese Entscheidung nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern und durch eine judikative Lösung ersetzen darf, die so im Gesetzgebungsverfahren (bisher) nicht erreichbar war.

Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass die fristgerechte Schonfristzahlung nichts daran ändert, dass nach § 574 Abs. 1 Satz 2 BGB ein Fortsetzungsanspruch bei Vorliegen eines zur fristlosen Kündigung berechtigenden Zahlungsverzugs nicht besteht. Das Berufungsgericht wird sich im weiteren Verfahren falls es das Mietverhältnis nicht bereits aufgrund der wegen Zahlungsverzugs ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen als beendet ansehen sollte auch mit der im September 2019 weiter ausgesprochenen fristlosen, hilfsweise ordentlich erklärten Kündigung der Klägerin zu befassen haben, welche diese nicht auf einen Zahlungsverzug, sondern auf einen "zumindest versuchten Prozessbetrug" (vgl. hierzu Beschl. v. 12.10.2021, VIII ZR 91/20) des Beklagten gestützt und zu der das Berufungsgericht bisher noch keine Feststellungen getroffen hat.

 

BGH, Urteil vom  5.10.2022 - VIII ZR 307/21

 

Zurück zur Übersicht

Unsere Experten

Profilbild - Sascha Fellner Ihr Rechtsanwalt
Sascha Fellner

02161 9203-11

Jetzt anfragen
Profilbild - Thomas Müting Ihr Rechtsanwalt
Thomas Müting

02161 9203-38

Jetzt anfragen

Benötigen Sie unterstützung? Fragen Sie nach einer unverbindlichen Ersteinschätzung oder vereinbaren einen Termin zur Beratung.

02161 9203-0
Beratungstermin Vereinbaren