Die Versicherung (VR) wollte wegen behaupteter Falschangabe des Versicherungsnehmers (VN) im Versicherungsantrag für eine Berufsunfähigkeitsversicherung eine Vertragsanpassung vornehmen. Grund für die gewünschte Ausschlussklausel war, dass der VN nach Ansicht der Versicherung wichtige Gefahrumstände nicht angegeben haben soll. Im Antragsformular wurde zwar nach erlittenen Unfällen gefragt. Nicht anzugeben und daher unerheblich waren aber nach einer Ergänzung „einfache, folgenlos verheilte Knochenbrüche ohne Gelenkbeteiligung“. Nur etwa 5 Monate vor dem Antrag auf Abschluss der Versicherung hatte der VN eine Fraktur am Knöchel erlitten. Als medizinischer Laie deutet er diese Verletzung aber als unerheblich und damit nicht anzeigenpflichtig.
Diese Einschätzung stellte sich aber als falsch heraus. Denn tatsächlich lag eine Gelenkbeteiligung vor. Die Versicherung erklärte, dass sie über einen wesentlichen Gefahrumstände nicht korrekt informiert worden ist. Sie berief sich daher auf ihr Recht aus § 19 Absatz 4 Satz 2 Versicherungsvertragsgesetz. Damit wollte sie eine Ausschlussklausel in den Vertrag einführen, welche ihre Ursache in der nicht angegeben Verletzung am Knöchel hat.
Gegen die Wirksamkeit des Ausschlusses durch Vertragsanpassung wehrte sich der VN erfolgreich zunächst vor dem LG Landshut (Az.: 73 O 3522/18) und sodann, nach Berufung der VR, auch vor dem OLG München I (Az.: 25 U 851/18). Der Bundesgerichtshof hat sodann in einem Hinweisbeschluss mitgeteilt, dass er beabsichtige, die Revision der VR zurückzuweisen. Daraufhin wurde die Revision durch die VR zurückgenommen.
Der BGH erklärt, dass keine Verletzung der Obliegenheit gegeben war. Eine Vertragsanpassung ist dann nicht möglich. Denn die Obliegenheit, dem Versicherer bestimmte Umstände anzuzeigen, setzt Kenntnis des Versicherungsnehmers von diesen Umständen voraus. Dies ergibt sich aus § 19 Absatz § VVG: Die Verletzung der Anzeigepflicht durch den Versicherungsnehmer muss „vorsätzlich oder arglistig“ erfolgen. Ein Rücktrittsrecht ist sogar ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. Der BGH sagt, dass eine Anzeigenpflicht nur bei Kenntnis von den Umständen verletzt werden kann. Keine Kenntnis, also Unwissenheit, schließt daher den Vorsatz aus.
Wenn daher keine vom Versicherungsnehmer zu vertretende Pflichtverletzung gegeben ist, besteht allenfalls die Möglichkeit, die Bedingungen in der laufenden Versicherungsperiode abzuändern (§ 19 Abs. 4 VVG). Eine rückwirkende Änderung, wie vorliegend von der Versicherung gewollt, scheidet aus. Zudem ist die Möglichkeit der Anpassung auf 5 Jahre nach Vertragsschluss begrenzt (§ 21 VVG). Nur bei Vorsatz könnte die Versicherung innerhalb von 10 Jahren eine rückwirkende Anpassung vornehmen. Vorsatz lag, wie oben dargelegt, aber nicht vor.
Auch weil die 5-Jahresfrist zum Zeitpunkt der von der Beklagten gewünschten Ausschlussklausel abgelaufen war, war ein Recht auf Abänderung des Vertrages nicht mehr möglich.
Sofern die Versicherung versucht eine Vertragsanpassung vorzunehmen, sind die Voraussetzungen, ob dieses Recht überhaupt besteht, genau zu prüfen. Die Versicherung ist für das Vorliegen der Voraussetzungen zur Vertragsanpassung beweisbelastet. Wichtig ist auch zu prüfen, ob überhaupt eine vorsätzliche oder arglistige Verletzung der Anzeigenpflicht vorliegt.
Die Prüfung dieser Voraussetzungen ist meist schwierig. Wir können helfen. Unsere Fachanwälte für Versicherungsrecht RA Oliver Maubach und Dr. Philip Schwartz prüfen Ihren Fall und geben eine Einschätzung zu Erfolgsaussichten, wenn die Versicherung Vertragsänderungen verlangt oder die Leistungspflicht ablehnt.
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