Anwendbarkeit der HOAI 2013

Mindestsätze der HOAI 2013 sind zwischen Privatpersonen weiterhin anwendbar

 

Der Hintergrund

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hatte entschieden, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Dienstleistungsrichtlinie verstoßen hat, dass sie verbindliche Honorare für die Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren beibehalten hat. 

Daraufhin war ein Meinungsstreit darüber entstanden, ob § 7 der HOAI 2013 nicht mehr anzuwenden ist. Diese sieht vor, dass die in dieser Honorarordnung statuierten Mindestsätze für Planungs- und Überwachungsleistungen grundsätzlich verbindlich sind und eine die Mindestsätze unterschreitende Honorarvereinbarung in Verträgen mit Architekten oder Ingenieuren unwirksam ist.

 

Bedeutung des Meinungsstreites für die Praxis

Unmittelbar bemerkbar machte sich die Auseinandersetzung bei sog. Aufstockungsklagen von Architekten und Ingenieuren gegen ihre Bauherren. Betroffen sind Fälle, in denen die Parteien vertraglich ein Honorar unterhalb des verbindlichen Mindestsatzes der HOAI (2013) vereinbart haben. Der Architekt/Ingenieur macht aber bei der Schlussrechnung den Mindestsatz geltend. Er/Sie verlangt also eine Aufstockung des Honorars.

Die Rechtsprechung war gespalten. Einige Gerichte gingen davon aus, dass der verbindliche Mindestsatz nicht gilt. Deshalb wurden die Aufstockungsklage des Architekten/Ingenieurs abgewiesen. Andere Gerichte haben dagegen zu Gunsten des Architekten/Ingenieurs entschieden mit der Begründung, dass die HOAI (2013) eine gültige deutsche Rechtsverordnung war und deshalb auf solche Altfälle weiterhin anzuwenden ist.

 

Bisheriger Prozessverlauf

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 100.108,34 € verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Beklagte zur Zahlung von 96.768,03 € verurteilt. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter. 

 

Wie hat der BGH entschieden?

Der Bundesgerichtshofs hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Das angefochtene Urteil des Oberlandesgerichts hat damit Bestand. 

Die Begründung

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die zwischen den Parteien im Ingenieurvertrag getroffene Pauschalhonorarvereinbarung nach nationalem Recht unwirksam, weil sie das sich bei Anwendung der Mindestsätze ergebende Honorar unterschreitet.

Eine Partei kann sich grundsätzlich auf eine nationale Rechtsvorschrift berufen, solange diese weiterhin gültig und im Verhältnis der Parteien anwendbar ist.

Ferner kann § 7 HOAI nicht richtlinienkonform dahin ausgelegt werden, dass die Mindestsätze der HOAI im Verhältnis zwischen Privatpersonen grundsätzlich nicht mehr verbindlich sind und daher einer die Mindestsätze unterschreitenden Honorarvereinbarung nicht entgegenstehen. 

Denn der EuGH hat insoweit festgestellt, dass der Dienstleistungsrichtlinie eine unmittelbare Wirkung in einem Rechtsstreit zwischen Privatpersonen - wie hier - nicht zukommt. Die betreffende Richtlinie steht der Anwendung der verbindlichen Mindestsätze daher nicht entgegen. 

Der EuGH hat ferner ausgeführt, dass die zuständigen nationalen Gerichte nicht allein aufgrund eines im Vertragsverletzungsverfahren erlassenen Urteils verpflichtet sind, im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Privatpersonen eine nationale Regelung, die gegen die Bestimmung einer Richtlinie verstößt, unangewendet zu lassen.

 

Bundesgerichtshof, Urteil vom 2. Juni 2022 - VII ZR 174/19 

 

Tipp

Seit 1. Januar 2021 ist die neue HOAI 2021 in Kraft. Die HOAI 2021 enthält keine verbindlichen Mindest- und Höchstsätze mehr. Mit dem Entfall der verbindlichen Mindest- und Höchstsätze für Grundleistungen sind jetzt alle Architekten- und Ingenieurhonorare frei verhandelbar.

Die Ermittlung des Honorars kann aber weiterhin auf Basis der HOAI erfolgen. Denn Honorartafeln, -zonen sowie Leistungsphasen und -bilder haben sich nicht geändert.

Die HOAI 2021 gilt für alle ab dem 01.01.2021 abgeschlossenen Verträge.

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